Kevin Space freut sich, Sitcom Architecture, die erste Einzelausstellung des Künstlers und Autors Becket MWN in Österreich anzukündigen. Durch eine ortsspezifische Installation aus textbasierten Audio-, Skulptur- und Videoarbeiten erweitert die Ausstellung das Interesse des Künstlers an der Beziehung zwischen Sprechakten, Medien und zeitgenössischen Produktionen von Subjektivität. 

Ausgehend von den Besonderheiten der beiden nahezu identischen Räume von Kevin Space untersucht Sitcom Architecture die unterschiedlichen Dimensionen der Doppelung auf architektonischer, medialer, verkörperter und psychologischer Ebene und reflektiert zugleich, wie Erzählungen konstruiert und Erfahrungen der Präsenz durch Inszenierung und den formativen Akt des Editierens vermittelt werden. Bühne und Backstage, On- und Off-Kamera, Innen und Außen bilden dabei zweifelhafte Unterscheidungen bei der Schaffung mehrdeutiger Räume und Charaktere und dienen der Erkundung der fragmentierten privaten und politischen Bereiche der Gegenwart.

Sitcom Architecture ist als Infrastruktur konzipiert, die einen kontinuierlichen Prozess des Editierens sowie der damit einhergehenden Produktion von sich überschneidenden Subjektivitäten ermöglicht. Die angedeutete Kulisse eines verlassenen Fernsehstudios wird von drei Figuren – die Autorinnen, der/die Schreinerin, der/die Redakteur*in – bewohnt, die in unwahrscheinliche und katastrophale Gespräche verwickelt sind, welche in drei Soundarbeiten aufgenommen wurden: The Writers befindet sich off-stage unter einer Sitztribüne im Zuschauerraum und reflektiert über die sich auflösende Domestizität der Sitcom-Architektur durch die Figur des "Vaters", der die Eingangstür und damit seinen Bereich der Machtausübung, verbarrikadiert; The Carpenter als physischer Produzent des Sets, der durch die provisorische Wand und einen ausgerollten Teppich eine häusliche Sphäre suggeriert, in der die materiellen Register betrachtet werden, die der zeitgenössischen bildbasierten Realität und Subjektivität unterliegen; The Editor im dritten und hinteren Raum – einem Lager mit vom Künstler arrangierten Requisiten – übernimmt eine zentrale Rolle bei der Schaffung der Sitcom-Architektur und hat die Autorität darüber, wie die einzelnen Räume miteinander interagieren und Erfahrungen produziert werden.

Während diese dreifache Struktur als Werkzeug dient, um den eigenen Prozess des Künstlers als Autor, Editor und bildender Künstler aufzubrechen und zu reflektieren, dient das Format der Sitcom bei Kevin Space als Metapher dafür, wie sich Erzählung und Apparat innerhalb der gegebenen technischen und ökonomischen Beschränkungen konstituieren und gegenseitig bedingen. Die Rahmung von Kevin Space als sozialer Raum und Ausstellungsort spiegelt hier die eigenen Sitcom-ähnlichen Strukturen des Raums wider, die durch eine Reihe von Beiträgen durch Künstler*innen, die Teil der Geschichte des Kunstraums sind, sichtbar gemacht werden. 

Sitcom Architecture spiegelt das Interesse des Künstlers an den Bedingungen und Möglichkeiten der Verkörperung, des Werdens und der Subjektivierung durch das Prisma der Mediengeschichte und der Vermittlung von Erfahrungen in den letzten zwei Jahrzehnten wider. Der Künstler führt das Haus als Metapher für die Innerlichkeit des Selbst ein, um Techniken zu untersuchen, wie Subjektivitäten durch ökonomische und technologische Apparate und Bearbeitungsprozesse gegenüber der Fiktion des kohärenten Sitcom-Hauses erzeugt und konstruiert werden. Die eingesetzten Figuren vollziehen dabei den Zerfall der Struktur und gewinnen in Momenten des Zusammenbruchs an Autonomie. Indem sie den gleichzeitigen Zerfall politischer wie sozialer Werte (wie die Kernfamilie) von einem post-politischen Konsens zu einer Post-Truth-Politik, mit Prozessen der Exteriorisierung und Fragmentierung sowie der Simulation von Präsenz durch neue Technologien nachzeichnet, versucht Sitcom Architecture, funktionierende Fiktionen innerhalb der zeitgenössischen Kultur zu hinterfragen.

Mit besonderem Dank für Ihre Beiträge an Dora Budor, Parastu Gharabaghi, Temra Pavlovic, Michael Ray-Von, Renate Schwarzmüller, Miriam Stoney und Angharad Williams. 

Wir danken Gabriel Huth, Florian Puschmann, Christina Helena Romirer, and Martin Neumann (Automat Welt) für Ihre Unterstützung. 

Becket MWN (*1984) ist ein in Amsterdam lebender Autor und Künstler. Er erhielt seinen MFA von der University of Southern California im Jahr 2014 und war von 2015 bis 2017 Resident Artist an der Rijksakademie in Amsterdam. Er hat kürzlich ausgestellt in der Kristina Kite Gallery, Los Angeles (2021), Mery Gates, New York (2021), dem Grazer Kunstverein, Graz (2021), Broadway, Amsterdam (2020), Motto Books, Berlin (2020), SculptureCenter, New York (2019), TG Gallery, Nottingham (2019), Kunstfort bij Vijfhuizen, Haarlem (2019), Root Canal, Amsterdam (2019) und Vleeshal, Middelburg (2018).