What is it like to be alive in that room right now? – fragt Samantha Theodor neugierig. Wie fühlt es sich an zu atmen, zu fühlen, zu sehen, zu berühren wie er, fragt sie sich.
In den Räumlichkeiten von Kevin Space inszeniert Marina Sula eine antagonistische Dramaturgie und untersucht darin das Wesen von Liebe und Verlangen sowie die Interfaces und Prozesse, durch welche diese innerhalb immer vielschichtiger werdender Netzwerke und Adaptionen humaner und technologischer Gewebe ins Leben gerufen werden.
Den ersten, Raum in grell strahlendem, weiß-blauem Licht tauchend, erstrecken sich die zwei scheinbar identischen, in distanzierter Kühle kokettierenden, industriellen Metallkonstruktionen von I just want to feel you in my arms and share a little of that human touch über die gesamte Höhe des Raumes und fassen eine rosé-beige Flüssigkeit in mittig montierten Glasgefäßen. Dieses, neben anderen Zutaten, Zimt, Jasmin, Grapefruit und Rosenblüten enthaltende magische Elixier ist eine mystische Mixtur, durch die das Objekt der Begierde sich schon mit dem ersten Schluck in jene Person verliebt, die ihm die warmblütige Tinktur überreicht hat.
Getränkt in ein schmeichelhaftes, weiches, durch Amber Gold Filter hervorgerufenes Licht, das normalerweise in der Pornoindustrie verwendet wird um den Eindruck makelloser Haut hervorzurufen, wollen am Boden der anderen beiden Räume verteilte, luftige Schaumstoffmatten und -kissen berührt und in vollem Körperkontakt gefühlt werden.
In Kunstleder gehüllt, werden diese Formen in der Intimität sich berührender Häute durch den Druck des menschlichen Körpers, dessen Zusammensinken und Atmen, hervorgerufen und aktiviert. Eine weibliche Stimme, die angesichts ihrer unmöglichen Körperlichkeit den Raum mit Konfessionen der Einsamkeit erfüllt, verwandelt diese über-sinnliche räumliche Erfahrung in eine Bühne stechender Sehnsucht, auf der man selbst zur Protagonistin oder zum Protagonisten wird.
Indem das scheinbar Körperlose und Ephemere seinen Raum beansprucht und die warme Stimme in einem Rauschen maschineller Algorithmen verblasst, provoziert Sula eine experimentelle Situation, die Subjektpositionen sowie deren Art und Weisen, die Welt zu erleben (Wer lebt, auf welche Art und Weise?) kollidieren lässt. In einer Art Labor, prallen das romantische Verlangen und die Brutalität gentechnischen Maschinenbaus oder Deep Learning Programme aufeinander, die die Wahrnehmung und Affekte des zunehmend entfremdeten Prosumenten sowie des maschinellen, “anderen” Betriebssystems formen und designen.
Ein posthumaner Alptraum oder die Möglichkeit einer wahren Romanze des Organischen und Anorganischen wie in der eindringlichen Figur des Cyborgs von Donna Haraway beschrieben, wird die allzu feminine Verführung und gleichzeitige Brutalität in Sulas Installation verstärkt. What is it like to be alive in that room right now möchte die Verinnerlichung und Naturalisierung alltäglicher Interaktionen in beschleunigten und synthetisierten Umgebungen sowie darunterliegende Mächte durchbrechen, um einen Raum zu ermöglichen, in den sich verändernden Auffassungen menschlicher Natur und damit auch das Wesen der Liebe neuverhandelt werden können.