Die über das Jahr verteilt stattfindende Veranstaltungsreihe Rehearsals of (...) erkundet das Potenzial verkörperter und situierter künstlerischer Kritik. Kevin Space lädt Künstler:innen und Autor:innen ein, die Rahmenbedingungen, innerhalb derer sie agieren – einschließlich der jeweiligen Beziehungen zu Körpern, Orten, Wissen und Geschichte, welche diese Infrastrukturen zulassen – zu überdenken und zu bearbeiten und dabei ihre materiellen und ideologischen Grenzen anzustoßen. Nach sechs Jahren des Ausstellungsmachens, zielt Kevin Space darüber hinaus darauf ab, unsere eigenen Verwicklungen, Begehren und Motivationen kritisch zu reflektieren.
Bedingungen, die innerhalb des zeitgenössischen Kunstfeldes scheinbar kritisiert werden - etwa durch den Anspruch auf Diversität oder Kapitalismuskritik - werden oft strukturell reproduziert und verfestigen sich in erkennbaren und konsumierbaren Codes, Bildern und Sprache als Währungen im Austausch von “Differenz”. Gut gemeinte Transformationsmaßnahmen können leicht die Strukturen der Ungleichheit, gegen die sie gerichtet sein sollen, verhärten und den gelebten Erfahrungen innerhalb der Mauern derselben Räume entgegenstehen. Diese institutionellen Mauern werden hier nicht lediglich im architektonischen Sinne verstanden, sondern als Glaubenssätze, Affekte und Begehren, die von den am Kunstfeld teilnehmenden Körpern aufrechterhalten werden.
Der erste Teil der dreiteiligen Serie Rehearsals of (...) konzentriert sich auf affektive und psychoanalytische Verstrickungen mit Institutionen. Rehearsals of Madness nimmt den anti-psychiatrischen Grundgedanken zum Ausgangspunkt, dass die Definition von “Wahnsinn” von sozialen Normen abgeleitet wird und beschäftigen sich mit dessen potentiell emanzipatorischen Charakter als einer Form des Widerstands, welche in der Lage ist, mit liberaler Moralität zu brechen. Rehearsals of Madness geht davon aus, dass ein bestimmtes normatives Verhalten durch ökonomische Abhängigkeiten determiniert wird, mögen diese auch weitgehend als kulturelles und soziales Kapital charakterisiert werden. Laura Hatting, Krõõt Juurak, Sophia Roxane Rohwetter und Miriam Stoney beschäftigten sich mit Wahnsinn in seinen vielfältigen Bedeutungen als Irrsinn, Torheit, Irrationalität, Zorn, oder Verzweiflung, um auf die Instrumentalisierung von Kritikalität im Kunstbereich zu reagieren: wenn Kritik nur dann akzeptiert wird, solange sie nicht zu unbequem oder anstrengend ist und das konsumierbare Spiel zwischen Transgression und Akzeptanz ein performatives Werkzeug zur Sicherung des Status quo bleibt.
Rehearsals of Madness ist auch inspiriert von Andrea Frasers Idee der "Spaltung”, nach welcher “das, was wir im Kunstdiskurs als kritische Negation auffassen, oft als defensive Negation im psychoanalytischen Sinne fungiert: die Verleugnung der Teile unserer eigenen Praktiken, Interessen und Institutionen, die wir als schlecht beurteilen, was uns auch ermöglicht, in ihnen zu verharren”. Eine solche Spaltung bietet einen scheinbaren, aber verfälschten Ausweg, den wir gemeinsam mit den eingeladenen Künstlerinnen und Schriftstellerinnen aufzulösen versuchen.
Laura Hatting lebt und arbeitet in Wien. Die Künstlerin verweigert sich der Zuordnung einer geschlossenen praktischen Kategorie. Inhaltliche Schwerpunkte sind kapitalistische Entfremdung, klinische Monstrosität, Ekel und Verzweiflung.
Krõõt Juurak, geb. 1981 in Tallinn, lebt und arbeitet als Künstler:in und Performer:in in Wien. Juurak absolvierte ArtEz, Arnhem, in Tanz und Choreografie und erwarb einen Master of Fine Arts am Sandberg Institute, Amsterdam. Juuraks Arbeit umfasst Präsentationen, Texte, Workshops, Launen und Konflikte und hat oft die De-Professionalisierung zum Thema.
Sophia Roxane Rohwetter ist Schriftstellerin und Wissenschaftlerin in den Bereichen Kulturtheorie und Kunstkritik. Sie absolviert derzeit einen Master in Critical Studies an der Akademie der bildenden Künste in Wien, wo sie als Assistentin am Institut für Kunsttheorie und Kulturwissenschaften arbeitet. Ihre Forschungsschwerpunkte sind visuelle Kulturen der Antipsychiatrie, feministische Poetiken des Wahnsinns und Psychoanalyse. Sie schreibt für Texte zur Kunst und Spike Art Magazine und ist Mitbegründerin des digitalen Literaturmagazins ­
Miriam Stoney arbeitet vor allem im Medium Text. Oft kollaborativ arbeitend, umfasst ihre Praxis künstlerisches Schreiben, Audio, Performance und Installation. Nach absolvierten Studien der Kunstgeschichte an der Oxford University und Architekturgeschichte am University College London, untersucht sie in ihren Arbeiten Architekturen des Selbst in unterschiedlichen Ökologien, die wir bewohnen. Sie hat 2020 den Broken Dimanche Press Writing Prize erhalten und wird bald ihren ersten Roman veröffentlichen. Ihre erste Einzelausstellung fand 2020 im Kunstverein Kevin Space statt. Darüber hinaus wurden ihre Arbeiten im Cabaret Voltaire in Zürich und Mumok Wien präsentiert, u.a.