Links davorstehend, ist ein altes Fuhrhaus, ein niedriges zweistöckiges Gebäude, das bis ins frühe zwanzigste Jahrhundert Pferdekutschen beherbergte. So niedrige Gebäude stammen typischerweise aus der Biedermeierzeit und aus der Zeit davor: die meisten wurden bei der großen Umstrukturierung Wiens während und nach der Gründerzeit in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts abgerissen. Was ebenfalls nur noch selten zu finden ist, ist das mittelständische Bauunternehmen, dessen rotes Logo auf dem grünen Tor angebracht ist und das der einzige Mieter des Gebäudes ist. Im Innenhof werden einfache Maschinen, Geräte und Werkzeuge gelagert, und im Obergeschoss befindet sich ein kleines Büro, an dessen Außenwand ein Schild "Hunde erlaubt" angebracht ist. Das Unternehmen bietet kleinere Renovierungs- und Umbauarbeiten in begrenztem Umfang an, während große Teile des Viertels komplett umgestaltet und erweitert werden, mit neuen Bahnhöfen und Stadtvierteln. Die Inhaberin, eine ältere Frau, machte Homeoffice und war nicht zu erreichen, wie die noch im Büro beschäftigte Person erklärte.
Das nächste Gebäude weiter oben in der Schrankenberggasse ist ein öffentlich gefördertes Genossenschaftshaus. Auf ihm ist ein Bienenstock-Logo zu sehen, was bedeutet, dass es mit finanzieller Unterstützung des Marshallplans gebaut wurde. Es handelt sich um funktionale Architektur aus den 1960er Jahren, deren Eingang von einem großen Betonrelief mit der Signatur des Künstlers L. Wolf eingerahmt wird. Der Titel des Reliefs - "Befreier der Bauern vom Robot”*.
Gleich neben dem Fuhrhaus befindet sich ein Gemeindebau, ein siebenstöckiger öffentlicher Wohnbau aus den 1920er Jahren. An der Fassade ist die genormte Fahnenmasthalterung für städtische und gelegentlich auch andere Fahnen angebracht, und die Inschrift des Gebäudes - ein weiteres Zeichen für die Ära des Roten Wien (1919-34) - besagt in großen roten Buchstaben: “Wohnhausanlage der Gemeinde Wien errichtet in den Jahren 1925 bis 1927 aus den Mitteln der Wohnbausteuer”. Das Gebäude ist kein klassischer Gemeindebau - kein Hof oder Komplex, sondern von der Dimension her ein ganz normales Mehrfamilienhaus.
Ein Haus weiter unten auf der rechten Seite ist ein postmodernes Wohnhaus aus den frühen 1980er Jahren, das von einem belgischen Architekten entworfen wurde. Sein Haupteingang ist mit einer großen Nachbildung einer dorischen Säule und dem blattförmigen Logo des ÖVW geschmückt (Österreichische Volkswohnungswerk). Das ÖVW ist ein staatlicher Fonds für den sozialen Wohnungsbau, der im alten Kaiserreich unter dem österreichischen Kaiser Franz Joseph gegründet wurde. Die Buchstaben des alten ÖVW-Logos, grotesk auf der Blattform angeordnet, ähneln einer Ameise.
An der gegenüberliegenden Ecke befindet sich eine besondere Reihe von Einfamilienhäusern für Arbeiter*innen mit höherem Einkommen, die in den späten 1880er Jahren im englischen Baustil der Edwardianischen Ära errichtet wurden.
Steht man mit dem Rücken zu diesen Wohneinheiten und blickt auf die andere Straßenseite, so dominiert auf der dem Fuhrhaus gegenüberliegenden Straßenseite ein großer Wohnkomplex aus den 1960er Jahren. Teil des Komplexes ist eine niedliche Tierskulptur - typisch für die versöhnliche Idee der kommunalen öffentlichen Skulptur der Nachkriegszeit.
Text von Benjamin Hirte
Übersetzung ins Deutsche Kevin Space
*Robot ist ein alter österreichisch-deutscher Begriff für Zwangsarbeit.
Niloufar Emamifar lebt und arbeitet in New York. Ihre Arbeiten wurden unter anderem im MoMA PS1, New York; bei Essex Street, New York; im Hammer Museum, LA; Sculpture Center, New York und Künstlerhaus Stuttgart gezeigt.
Benjamin Hirte lebt und arbeitet in Wien. Er studierte Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Er hat unter anderem im Museum für Moderne Kunst, Frankfurt; im Swiss Institute, New York; im Kölnischen Kunstverein; bei Emanuel Layr, Wien; im MAK Center, Los Angeles und bei Christian Andersen, Kopenhagen ausgestellt.