A Strange Encounter / Hey you (1)
Kandis Williams
Veranstaltung
10. Juli 2017, 19:00


Kandis Williams: Semiosis Cataracts

Performt von Lina Venegas
Soundtrack von Isis Scott (NON records, US) / live Musik von Florian Reither (Mama Gelitin, AU) / Florian Botka / Stefan Dreher (blue in the face, DE)


Als Bühne für diese neue Performancearbeit konstruiert Kandis Williams einen kleinen Papiergarten aus Philodendron, Anthurie und Scheidenblatt Pflanzen, die mit Bildern der Pornodarstellerinnen Pinky, Nyomi Banxxx, Midori, Heather Hunter, Jada Fire und Carrie Mae West – Protagonistinnen eines hoch frequentierten Filmgenres Schwarzer Haut, das seit Jahrzehnten tatkräftig produziert wird. In Semiosis Cataracts erschafft Williams einen Raum der Intimität zwischen Performer und Publikum oder der Komplizenschaft zwischen Produzent und Konsument. Provokant und mit Hilfe ökologischer, botanischer und ethnopornographischer Metaphern, navigiert sie Positionierungen und Kontinuitäten kolonialer Beziehungen, Repräsentationen und Blicks und deren normalisierte Gewalt.

Eine Tänzerin bewegt sich in den starren Bewegungen von Mary Wigmans expressiven Hextentanz II von 1914 durch den Raum. Der okkulte Tanz der Hexe spricht zudem von einer Wiederkehr des “primitiven Ritualismus”, welcher die Idee des nicht-westlichen Anderen (Other) als authentisch und pur vertritt. In Semiosis Cataracts wird Wigmans Orientalismus in eine weitere erotische Narrative mit Bewegungen des Wachsens und Zusammenziehens als Versuche des Widerstands innerhalb eines Systems der Herrschaft verknüpft.

Vier Schlagzeuger sind in den Schaufenstern hinter großen Vorhängen versteckt, und scheinen die Bewegungen der Performerin wie eine unsichtbare Macht akustisch vorgeschrieben und improvisiert zu beherrschen. Williams versucht hier, jenes Doppel-Bewusstsein (double-consciousness), in dem das Selbst durch die Augen des (weißen, männlichen) Anderen gesehen und vervollständigt wird zu verdeutlichen. Sie inszeniert die Positionierung des phallozentristischen Blicks, der die Repräsentationscodes, welche für den (post)kolonialen Konsumenten begehrenswerte sexualisierte Körper und Bedeutungen produzieren, normalisiert.

Williams legt nahe, dass aufgrund des überlieferten Gedankens, dass schwarze Weiblichkeit irgendwie sexueller, körperlicher, biologischer und näher an der Natur wäre, ihre Körper sowohl mit Verachtung und sexuellem Verlangen betrachtet werden. Diese farbigen Frauenkörper sind in dieser Perspektive keine menschlichen Subjekte: so hat auch Judith Butler diese ausschließende Matrix adressiert, die eine Produktion abjekter (verworfener) Wesen die keine “Subjekte” sind, sondern ein konstitutives Außerhalb zur Domäne des Subjekts darstellen, erfordert.


Kandis Williams (geb. 1985 in Baltimore) lebt und arbeitet in Los Angeles und Berlin. Die Künstlerin arbeitet vornehmlich mit Collage und Zeichnung, und darüber hinaus mit Medien wie Text und zeitgenössischem Tanz um sozio-kulturelle Konstrukte wie race, Ort, Geschichte und das Selbst zu erkunden. Williams erhielt ihren BFA 2008 an der Cooper Union School New York. Ihre Arbeiten wurden in der Night Gallery and SADE, Los Angeles; The Studio Museum in Harlem, New York; The Underground Museum, Los Angeles; The Breeder, Athen und Human Resources Los Angeles ausgestellt.